![]() (Bericht der GNZ vom 30.Juni 2015) Die SG Bad Soden stellt in der kommenden Saison eine Mannschaft, in der mehrheitlich behinderte Menschen aktiv sind Von Dieter Geissler Bad Soden-Salmünster. Es ist eines der spannendsten Projekte, die es in der heimischen Fußballszene je gegeben hat: Fußball-Verbandsligist SG Bad Soden stellt in der kommenden Saison eine dritte Mannschaft, die in der Kreisliga C Schlüchtern West am Spielbetrieb teilnehmen wird. Das allein wäre an sich nichts Ungewöhnliches, wenn nicht das Gros des Kaders aus Menschen mit einer Behinderung bestehen würden, die bislang in einem Team des Behindertenwerks Main-Kinzig (BWMK) kickten. Als Trainer dieser innovativen Inklusions-Mannschaft fungieren die ehemalige deutsche Nationalspielerin Pia Wunderlich und Oliver Hofmann. „Die Idee, eine solche Mannschaft zu bilden, entstand vor circa ein bis anderthalb Jahren“, erklärt Pia Wunderlich, die schon seit Jahren beim Behindertenwerk Main-Kinzig arbeitet und dort eine Mannschaft aufgebaut hat, die im vergangenen Jahr bei den Deutschen Meisterschaften für Teams aus Werkstätten mit Behinderung den Vizetitel errang. „Die Spieler selbst haben immer wieder den Wunsch geäußert, unter Wettbewerbsbedingungen spielen zu wollen und nicht immer nur im Rahmen von Werkstätten-internen Turnieren." Wie in vielen Momenten im Leben, spielte im weiteren Verlauf der Zufall eine nicht ganz unwesentliche Rolle, denn Wunderlichs Chef, BWMK-Geschäftsführer Martin Berg, ist in Personalunion Vorsitzender der SG Bad Soden. Der ließ sich schnell für die Sache begeistern, umgehend war der Gedanke an die Bildung einer dritten Mannschaft unter dem Dach der "Sprudelkicker" geboren. "Nach umfangreichen Vorbereitungen haben wir jetzt die Mannschaft in der Kreisliga C Schlüchtern West an den Start gebracht und sind selbst gespannt, wie sich das Ganze weiterentwickelt", skizziert Wunderlich den Verlauf des Projekts. "Wir haben nun einen Kader von 18 -20 Spielern beisammen, von denen 15 bislang im BWMK-Team aktiv waren. Komplettiert wird die Mannschaft von einigen Spielern aus dem Gesamtkader der SG Bad Soden. Wir haben am 15.Juli Trainingsauftakt und freuen uns, wenn wir noch zusätzliche Spieler aus der Stadt und der Region dazugewinnen, die sich für unser Team begeistern", hofft Wunderlich, die mit der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft im Jahr 2003 Weltmeister wurde, auf weiteren personellen Zuwachs. Mit Oliver Hofmann steht ihr ein Trainerkollege zur Seite, der ebenfalls beim BWM arbeitet, im Vorjahr die B-Junioren des JFV Bad Soden-Salmünster trainierte und sich dem Projekt mit dem gleichen Enthusiasmus widmet wie der Sportliche Leiter des Vereins, Wladimir Römmich, und Wunderlich selbst Dass beim Start der neuen Mannschaft nicht gleich alles Gold sein wird, was auf dem Fußballplatz glänzt, davon geht die Trainerin realistischerweise aus. „Bislang haben unsere BWMK-Jungs nur auf dem Kleinfeld gespielt, die Spielzeit betrug in der Regel 15 Minuten. Taktische Kniffe wie die Abseitsfalle wurden bislang auch noch nicht angewendet, hier wird sicherlich ein Lernprozess vonnöten sein.“ Um diesbezüglich Fortschritte zu erzielen, wird die SG Bad Soden III zweimal pro Woche trainieren, die behinderten Akteure waren es bislang gewohnt, lediglich einmal in der Woche eine Einheit zu absolvieren. „Das Training wird einmal pro Woche auf der Bornwiese in Bad Soden angesetzt und einmal wie bislang auf einem Sportgelände in Hanau in der Nähe der dortigen BWMK-Werkstätte.“ Das Ziel sei es, die Mannschaft dauerhaft im Spielbetrieb des Fußballkreises Schlüchtern zu etablieren. Besonders wichtig sei auch die Vorab-Kommunikation mit Schiedsrichtern und gegnerischen Mannschaften. "Wir haben schon umfangreiche Vorgespräche geführt und werden das Projekt auf der für uns maßgeblichen Vorrundenbesprechung im Juli den anderen C-Liga-West-Klubs nochmals vorstellen", betont Wunderlich. Es gehe auch darum, bei allen Beteiligten das Bewusstsein zu schaffen, dass hier eine außergewöhnliche Mannschaft Fußball spiele, "in der Menschen stehen, die Spaß an diesem Sport und insofern den Anspruch haben, sich auf diesem Weg so gut wie möglich in die Gesellschaft zu integrieren." Sie sei sehr optimistisch, dass sich die Dinge einspielten. Genauso sieht es Martin Berg: "Es geht uns darum, dem Wunsch von behinderten Menschen nach Fußball unter Wettbewerbsbedingungen Rechnung zu tragen. Auf dieser Basis sollen sie eine Bestätigung erhalten, die idealerweise in ein gesteigertes Selbstbewusstsein für ihr Alltagsleben mündet." Die Mannschaft solle im Spielbetrieb keine besonderen Rechte erhalten, streicht Berg heraus, "aber wir betreiben im Vorfeld der Saison eine Sensibilisierung aller Beteiligten, dass die SG Bad Soden eine dritte Mannschaft ins Rennen schickt, in der mehrheitlich Spieler stehen, die in allererster Linie Spaß am Fußball haben wollen." Schlüchterns Kreisfußballwart Dietmar Pfeiffer äußert sich jetzt schon lobend über das Inklusionsteam aus dem Bergwinkel: "Das ist ein hessenweit einmaliges Projekt mit Vorbild- und Modellcharakter. Pia Wunderlich und ihre Kollegen vom BWMK und der SG Bad Soden haben eine super Vorarbeit geleistet. Das ist gelebte Integration und damit für mich besonders wertvoll." Dessen ungeachtet sei die Kommunikation mit den gegnerischen Teams ein entscheidender Punkt. "Wir haben ja dann doch vielleicht einmal gegnerische Zuschauer oder Spieler, die mitunter Kraftausdrücke gebrauchen." Diese sollten sich dringend an die eigene Nase packen und dem Projekt den gebührenden Respekt zollen. C-Liga-Klassenleiter Manuel Kraushaar sei selbstverständlich auch in die Kommunikation mit eingebunden, der Schlüchterner Kreisfußball-Ausschuss sehe dem Start der SG Bad Soden III mit Vorfreude und Optimismus entgegen. |
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